ADHS, Impulsivität und Cybersecurity

ADHS, Impulsivität und Cybersecurity:

Warum neurodiverse Profile Betrug schneller entlarven

In der digitalen Sicherheit brauchen wir heute mehr als nur Technik. Wir brauchen Menschen, die anders denken. Aktuelle Forschungen aus den Jahren 2023 und 2024 zeigen ein spannendes Bild: Das Zusammenspiel von ADHS, Impulsivität und Cybersecurity ist eine große Chance. Während viele Menschen im Alltag Dinge übersehen, haben Menschen mit ADHS oft ein Gehirn, das wie ein eingebauter Fehler-Scanner arbeitet. Wenn man weiß, wie man dieses Talent nutzt, wird man zum Profi in der Abwehr von Internet-Betrug.

I. Warum das ADHS-Gehirn ein Schutzschild sein kann

eine futuristische Person mit leuchtenen Gehirn

Betrug im Internet zu erkennen bedeutet oft, die „Nadel im Heuhaufen“ zu finden. Viele Menschen nutzen beim Lesen von E-Mails Automatismen. Sie schauen nur flüchtig hin. Ein Gehirn mit ADHS funktioniert anders. Es hat Merkmale, die in der IT-Sicherheit echte Vorteile sind.

1.Der Vorteil des „offenen Filters“

Normalerweise filtert das Gehirn unwichtige Details aus. Bei ADHS ist dieser Filter durchlässiger. Die Studie von Linnell & Caparos (2022): „ADHD and the Benefits of a ‚Leaky‘ Filter“ beschreibt das als „lückigen Filter“. Das klingt erst mal nach einem Nachteil, ist in der Cybersecurity aber eine Stärke: Das Gehirn bemerkt winzige Fehler am Rand. Ein Logo, das nicht ganz gerade ist, oder ein seltsames Sonderzeichen in einer E-Mail-Adresse fallen sofort auf. Diese Mustererkennung schlägt Alarm, noch bevor man die Nachricht richtig gelesen hat.

2.Deep-Dive durch Hyperfokus

Wenn ein Fehler entdeckt wurde, schaltet das ADHS-Gehirn oft in den „Hyperfokus“. Man konzentriert sich dann extrem tief auf diese eine Sache. Man prüft den Absender, schaut sich die Links genau an und vergleicht Details. Der Bericht von Deloitte Insights (2023): „Neurodiversity in the workplace“ bestätigt: Teams mit neurodiversen Mitarbeitern finden Fehler oft viel schneller und genauer. Diese Fähigkeit, sich festzubeißen, hilft dabei, auch sehr gut gemachte Betrugsversuche zu entlarven.

II. Die kognitive Herausforderung:

Wenn Schnelligkeit zum Problem wird


Es gibt aber auch eine Kehrseite. Die Verbindung von ADHS und Impulsivität ist in der Cybersecurity eine Schwachstelle, die Betrüger genau kennen. Die meisten Betrugsversuche (Social Engineering) funktionieren über Zeitdruck. Nachrichten wie „Dein Konto wird sofort gesperrt!“ oder „Du hast gewonnen, klick jetzt!“ sollen eine schnelle Reaktion erzwingen.

Das Gehirn reagiert bei ADHS oft schneller auf solche Reize. Die Studie von Jones et al. (2021): „The Role of Individual Differences in Phishing Vulnerability“ zeigt: Wer impulsiv ist, klickt eher auf gefährliche Links. Der Betrüger will, dass man klickt, bevor der „Fehler-Scanner“ im Kopf überhaupt anspringen kann. Man handelt, bevor man denkt. Das ist das größte Risiko bei dieser Kombination.

III. Die Lösung:

Die eingebaute Bremse nutzen


Um die Vorteile zu nutzen, ist das Management der eigenen Impulse entscheidend. Die moderne Forschung betont hier die Bedeutung der „Metakognition“ – also das Wissen über das eigene Denkverhalten. Wer die Zusammenhänge von ADHS, Impulsivität und Cybersecurity für sich versteht, kann gezielte Pausen als Sicherheitsnetz einbauen. Ein bewusstes Innehalten fungiert als notwendiger Puffer. Eine Verzögerung der Reaktion um nur zehn Sekunden ermöglicht es den analytischen Zentren, die Führung zu übernehmen.

Um sicher zu sein, muss man lernen, die eigene Impulsivität zu kontrollieren. Die Forschung nennt das „Metakognition“. Das bedeutet einfach: Man weiß, wie das eigene Denken funktioniert. Wenn man versteht, wie ADHS, Impulsivität und Cybersecurity zusammenhängen, kann man sich selbst schützen.

die 10 sekunden Bremse vs. impulsivitaet

IV. Betrugserkennung als systematischer Prozess

Man kann den Hyperfokus nutzen, um Nachrichten wie ein Detektiv zu untersuchen.

Hier sind drei einfache Schritte:
  • Absender-Abgleich:
    • Schauen Sie nicht nur auf den Namen. Klicken Sie auf die Adresse dahinter. Steht dort wirklich „amazon.de“ oder ist es „ama-zon.de“? Solche kleinen Unterschiede sieht man mit ADHS oft besonders gut.
  • Links prüfen ohne zu klicken:
    • Wenn man am Computer mit der Maus über einen Link fährt (ohne zu klicken!), sieht man unten im Browser, wo der Link wirklich hinführt. Passt das Ziel zum Text? Wenn nicht: Sofort löschen.
  • Auf die Sprache achten:
    • Betrüger machen oft Fehler im Satzbau oder nutzen Begriffe, die eine Bank oder ein Amt niemals nutzen würde. Die British Psychological Society (2024) hat festgestellt, dass neurodiverse Menschen oft ein feines Gespür für solche sprachlichen Brüche haben.

V. Das Sicherheitsprotokoll:

Ressourcen gezielt einsetzen

  • Stopp-Moment:
    • Jede Nachricht, die „Eile“ oder „Gefahr“ schreit, löst eine Pause aus. Hände weg von der Maus.
  • Detail-Prüfung:
    • Schauen Sie auf die Details (Absender, Links, Schreibfehler). Lassen Sie Ihren „Scanner“ arbeiten.
  • Sicherer Zugriff:
    • Klicken Sie niemals auf Links in der Mail. Wenn Sie unsicher sind, gehen Sie selbst auf die offizielle Webseite oder nutzen Sie die echte App der Firma.

VI. Fazit:

Neurodiversität als Stärke für die Zukunft

Die Forschung zeigt deutlich:


IT-Sicherheit ist kein rein technisches Problem, sondern ein kognitiver Wettlauf. Die Kombination aus schneller Auffassungsgabe und der Fähigkeit, komplexe Muster zu erkennen, macht Personen mit ADHS zu einem unverzichtbaren Teil der digitalen Verteidigung. Durch die Kontrolle der impulsiven Komponente wird die neurologische Veranlagung von einer potenziellen Schwachstelle zu einer hochwirksamen, menschlichen Firewall. Die gezielte Auseinandersetzung mit ADHS, Impulsivität und Cybersecurity ist somit der Schlüssel zu einer sichereren digitalen Zukunft.

📚 Quellen und weiterführende Forschung


Deloitte Insights (2023): Neurodiversity as a competitive advantage. (Studie zur Produktivitätssteigerung und Fehlerquote in neurodiversen IT-Teams).

Linnell, K. J., & Caparos, S. (2020): ADHD and the Benefits of a ‘Leaky’ Filter. Veröffentlicht im Journal of Attention Disorders. (Grundlagenforschung zur verbesserten Wahrnehmung von Details bei ADHS).

Jones, H. S., et al. (2021): Susceptibility to Phishing: A Systematic Review of Determinants and Theories. Veröffentlicht in Computers in Human Behavior. (Untersuchung zum Zusammenhang zwischen Impulsivität und Phishing-Risiko).

Canham, M., et al. (2022): Individual Differences in Cyber-Security: The Role of ADHD and Impulsivity. Präsentiert auf der HCII Conference (Human-Computer Interaction International). (Spezifische Forschung zu ADHS-Profilen in der Cybersecurity).

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